Ich wurde Gott (195)

  Lujann versuchte sich vorzustellen, was gewesen wäre, wenn sie Fred nicht zufällig hätte davonhasten sehen. In dem kurzen Moment, in dem sich sich hatte entscheiden müssen, waren ihr mehrere Erklärungen für sein Verhalten eingefallen, und nur solche, bei denen es besser war, ihm zu folgen. Flucht. Auf die Idee, Fred könnte geflüchtet sein, war sie nicht gekommen. Oder … Nein, ob etwas geschehen war … Oder war alles ganz einfach? Hatte sich Fred einfach nur schwer verletzt und das nicht zugeben wollen? Ein Gott verletzt sich nicht?

Wenigstens blieb es bei Geräuschen, Schatten und Bewegungen am Waldrand und Schemen, die die beiden Monde auf die Lichtung malten.

Dämmerung. Welch herrliches Wort! Endlich konnte Lujann sehen. Sie sah sich um, als hätte sie eine mit Albträumen überladene Nacht hinter sich. Einzig der reglose Körper neben ihr zeugte von der Wirklichkeit des vergangenen Tages.

Lujann fröstelte. Sie sprang etwas zu forsch auf. Nein. Diese Situation war nicht normal. Da durfte sie auf den Strauch mit den Stachelarmen zugehen, ohne sich umzuwenden. Nicht schlecht die Erfindungen dieser Menschen. Lujann strich sich über ihr anschmiegsam weiches Kleid. Jetzt drehte sie sich doch um. Hinter ihr schien nichts Anderes zu sein als feindliches Gestrüpp. Fleisch fressende Tiere würden sich von einer anderen Seite jener Lichtung nähern. Aber das ging sie nichts mehr an. Wichtiger war, wie sie nachher ihrer Tochter erzählen sollte, dass gerade ein Gott namens Fred gestorben war.

~ von Admin - November 18, 2010.

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