Ich wurde Gott (193)

  Lujann prüfte sorgfältig. Handgelenk, Hals, Atem. Da war kein Leben. Dafür dunkelte es. Nur noch wenige Minuten und sie würde allein den Sternen vertrauen müssen. Mühevoll schleifte sie den leblosen Körper in die Mitte der Lichtung. Sie hatte als Kind die verrücktesten Geschichten über die Urtiere ihrer Erde erzählt bekommen. Jetzt wurden sie munter. Der vergnügliche Schauer von damals aber stellte sich nicht ein. Es war niemand da, der sie hätte schützen können, und die Geräusche waren real. Was mochte alles an den Legenden wahr sein? Lujann hatte nur Tiere zu Gesicht bekommen, von denen sie nun wusste, dass sie von einer fernen Erde stammten, richtiger: aus einem Replikator dieser Erde.

Jetzt aufgefressen werden. Es hieß, Raubtiere rochen den Tod. Der Tod aber lag neben ihr.

Lujann fasste ihren Stab fester. Nur nicht einschlafen! Nur jetzt nicht einschlafen!Sie konnte den Körper des Menschen doch nicht einfach den wilden Tieren überlassen! Aber selbst wenn … In der Dunkelheit den Weg durch die Grazzeln zu wagen, wäre glatter Selbstmord. Also warten.

Lujann blieb die Nacht wach. Zeit genug, Freds Worte hin und her zu wenden. Nein. Sie würde nicht so weiter machen wie er. Vielleicht, nein, wahrscheinlich würde sie diese Replikatoren sogar zerstören. Oder vielleicht so aufbewahren, dass sie im aller äußersten Notfall eingesetzt werden könnten. Vielleicht würde sie aber nichts weiter sagen. Wer um etwas nicht weiß, vermisst es nicht. Aber neugierig war sie schon. So, wie Fred seine Technik beschrieben hatte, gab es dort sicher genaue Aufzeichnungen über alle zurückliegenden Ereignisse. Es wäre umständlicher, die fehlende Zeit zu befragen, aber möglich. Welche Rolle hatte sie für Fred gespielt? Was war noch alles passiert, was Fred nicht mehr zu erzählen geschafft hatte?

~ von Admin - November 16, 2010.

5 Antworten to “Ich wurde Gott (193)”

  1. Sauberer Übergang! Macht neugierig!
    lg
    Gunda

  2. Das wäre aber schon FAST das Ende von „Teil 1“ …

  3. Dachte ich mir wohl. Die Frage ist für mich, ob du Teil zwei direkt anhängen willst?

  4. Was heißt „direkt anhängen“? Das Buch – so die augenblickliche Vorstellung – würde an dieser Stelle enden. Ein neues, dessen Perspektive insgesamt eine andere sein würde, knüpfte daran an. Nachdem das bisher entworfene Buch eine „umrahmte“ Ich-Erzählung ist, kann ich nicht (???) im selben Buch mit einer neuen Perspektive, egal ob dies der auktoriale Erzähler oder z. B. Lujann oder eine der anderen Menschen wäre, fortfahren. Dazu ist die „Binnenerzählung“ zu massig. Fred dürfte dann nicht sterben …
    Als Perspektive für den Folgeband hatte ich die Blendentechnik aus „Kori ado Ko“ im Sinn, die ich ja auch bei dem Pondos verwendet habe …
    Oooooder?

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