Ich wurde Gott (191)

  Schließlich entschied ich mich wenigstens für eine Nummer 1. Das sollte mein biologisches Geschlecht sein. Meine Fähigkeit, Vater zu werden und zu sein, würde mit meiner Verwandlung in einen alten Mann nachlassen. Also sollte ich, was immer ich dabei erreichen wollte, zuerst angehen. Das hätte auch einen nicht unwesentlichen Vorzug: Hier ließ sich Nützliches mit dem Angenehmen verbinden. Da ich zumindest für meine 15 Mädchen so etwas wie der Hausarzt war, konnte ich mir leicht einen Überblick verschaffen, welches Mädchen wann die höchste Empfängniswahrscheinlichkeit hatte. Dann würde ich sie beschenken. Schamoui war dabei die ideale Partnerin. Auch wenn mir das mitunter unheimlich war, sie zeigte immer Verständnis, und ich konnte ihr die wahren Ziele meiner erotischen Wechselspiele auch offen erklären. Ich wollte das auch, denn die Vorstellung, Schamoui zu verlieren, kam mir sehr schmerzlich vor. Eher sollte ich Ausschau halten, ob es nicht über die 15 hinaus noch mehr Mädchen gäbe, denen ich meinen Nachwuchswunsch nahebringen konnte. Ich würde also für die großen Mädchen, die den Tropfentag feiern wollten, so etwas wie eine Reihenuntersuchung einführen.

Für Schamoui hatte ich schon eine Aufgabe, die meinem Mädchen wie auf den Leib geschneidert war: Sie wäre ideal, einer, also genauer: meiner Krabbelkindergruppe als oberste Betreuerin vorzustehen. Die Kinderbetreuung so zu gestalten, wie sie auf der Erde natürlich war, würde am leichtesten sein. Die Saks-Kinder waren an große, sich laufend verändernde Familien-Gruppen gewöhnt. Die würden meine Kinder auch haben.

Dann sollte ich allmählich die die durch die Kinder bewirtschaftete Landfläche vergrößern. Richtiger gesagt: Ich nahm mir vor, Siedlungen zu schaffen, in denen die heranreifenden Kinder den Kern bildeten, in die Erwachsene aufgenommen werden konnten. So als Großelterngeneration. Als Helfer.

Die Idee verdarb ich mir selbst. Allmählich lösten sich die traditionellen Dorfgemeinschaften auf. Ein Teil suchte Sicherheit als Rentner in der Stadt, manchmal auch ähnlich, wie ich mir das vorgestellt hatte. Der größere Teil wanderte allerdings aus und machte so Platz für das sich ausdehnende Stadt-Land-Gemisch.

Die Gründung moderner Siedlungen war schwieriger als gedacht. Nach der klassischen Lehre der Wetterentstehung hätte es auf diesem Planeten wesentlich weniger und vor allem weniger heftige Stürme geben müssen. Aber es gab sie nun mal. Sie waren in Frühjahr und Herbst so verheerend, dass es sinnvoll war, die Stadt als Schutz noch mehr auszubauen. Sie lag so dicht an dem Gebirgsmassiv, dass auch die Stürme weniger wüteten.

Verstehst du: Ich wurde immer sicherer, ein normales, gut geplantes Leben vor mir zu haben. Aber ich hatte Angst. Bisher war immer dann, wenn die Gefahren gerade abgewendet schienen, eine neue aufgetaucht.

Du kennst doch dieses Gefühl, du hast mit deinem Baby gespielt, dein Partner wendet dir alle seine Zärtlichkeit zu, dass es Wesen gibt, die dir schaden können und wollen, dass dein Leben in Gefahr ist, das weißt du irgendwie … aber es ist so unwirklich, so weit weg. Es kommt nicht an dich heran, du lässt es nicht an dich heran. Und dann plötzlich …

~ von Admin - November 14, 2010.

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