Pulices libidinosi (2 und Schluss)

 

Welch Erfolg: Erste Testflöhe spritzten ihren Wirtsfrauen einen Botenstoff, unter dessen Einwirkung den Probandinnen Liebessäfte sprudelten, dass es ein reines Badevergnügen war.

Das eröffnete einen Wettbewerb um den passenden Namen für die neuen Geschöpfe. Allein das Wort „Floh“ löst ja schon ein unangenehmes Jucken aus! So konnte man die versoffenen kleinen G-Punkt-Kenner wirklich nicht nennen, wenn sie jemand kaufen sollte. Aber „Lustos®“, ja, dagegen konnte niemand etwas haben.

Vögmanns Team irrte. Maria hatte etwas dagegen. Maria hasste inzwischen das ganze Forschungsprojekt. Ihr heimlicher Geliebter Angelo war der testgebissenen weiblichen Probandinnengruppe in die entfesselten Kräfte geraten – ein Anfall-Unfall. Man hatte die Damen zwar mühsam von Angelos Männlichkeit lösen können, doch die war nun durch nichts und niemanden wieder aufzurichten. Der ehemals tolle Liebhaber wollte das nicht eingestehen, sich nicht und der kaum lustosbedürftigen Maria gegenüber schon gar nicht. Immer gerade jetzt wollte er angeblich gerade nicht, dabei war doch der Zusammenhang ganz offensichtlich.

In einem ersten Anflug von Hass hatte Maria die „Höllenflöhe“ umbringen wollen. Aber ein kleiner Skandal wäre sicher besser. Er würde das Projekt bestimmt platzen lassen. Oder aber, auch das lohnte den Einsatz, er beflügelte den Absatz, und dann konnte sie ja verkünden, dass es ihre Idee gewesen war.

Die Lustos der letzten Entwicklungsstufe ließen sich in ihrer Fortpflanzung steuern. Das war Bedingung für ihre Marktreife. Die jetzige Lustflohreihe vermehrte sich noch ungebremst hemmungslos. Maria brauchte nur wenige Exemplare aus dem Forschungsbereich zu schmuggeln, um sie in einem Brutkasten mit Speziallösung zu einer gewaltigen Lustoskugel aufquellen zu lassen.

Zur selben Zeit, da Maria am Strand den Deckel der mit den beißwütigen Tieren überfüllten Kühlbox hob, öffnete Vögmann in der Chefetage des Konzerns seine Berichtsmappe zur Vorstandsberatung. Und während er mit einer blumigen Rede die Revolution der sexuellen Stimulation verkündete – unter Hervorhebung der Rolle des eigenen Konzerns und seiner Forschungsabteilung – hatte Maria in ihrem Bikinislip am FKK-Strand ganz andere Sorgen. Würde ihre Dämpfungscreme wirken? Würde das Video über den ersten nicht im Forschungsplan vorgesehenen Großversuch unter Freilandbedingungen gelingen?

Marias erstes Beobachtungsobjekt war eine etwa 20jährige. Die las auf dem Bauch liegend ein Buch. Kaum war das Lustosvolk seinem Gefängnis entsprungen, wurde die Frau unruhig. Sie legte das Buch zur Seite, griff sich ungeniert zwischen die Schenkel, ihr Atem ging schneller und stoßweise, eine Hand schien etwas unter den Bauch zu pressen, bis sie einen einzelnen, ahnungslosen Jungen im Sand entdeckt hatte. Auf den stürzte sie sich, ohne ihre Umgebung zu beachten. Vor Ungeduld zerkratzte sie dem Jungen die Oberarme, weil er sich in seinem Schreck nicht gleich in sie vertiefen konnte.

Niemand außer Maria nahm davon Notiz. Alle Frauen hatten eventuelle andere Gedanken unter den Bauchnabel verdrängt und ihre Männer gepackt, bevor die irgendetwas begriffen. Selbst solche, die gerade auf dem Bauch gelegen hatten, wurden von eigenen oder fremden Frauen wehrlos ermannt.

Vergeblich reckten Schwimmer in Ufernähe ihre Köpfe über die Wasseroberfläche. Nach Männerhäuptern stand den angreifenden, lustosierten Weiblichkeiten der Sinn wahrlich zu aller Letzt. Nur ein kleines Teil war zur sofortigen Notbehandlung der Stichfolgen geeignet.

Maria bannte alles auf Video. Die Lustosierten schien das überhaupt nicht zu interessieren. Sie stillten ihren Hunger in totaler Selbstvergessenheit. Da überkam es auch Maria. Warum eigentlich sollte ausgerechnet sie zu kurz kommen? Wo gerade diese neuen Spanner aufgetaucht waren? Mit sich beulenden Shorts und nichts begreifenden Mannsgesichtern? Also weg mit dem Slip und hoffentlich taugte die Dämpfungscreme doch nicht. Maria rannte los. Längst war die Videokamera umgekippt. Das Mikrofon hatte der Sandstrand verschluckt, als wäre auch er eine Frau.

Von all dem erfuhren die Vorstandsmitglieder nichts mehr.

In der Überzeugung, den Weg zu einem Stück mehr Macht gebahnt zu haben, erhoben sie sich nach mehrstündiger Beratung über Investitionsumfang und Profitaussichten von ihren Plätzen. Vögmann sprang dienst- und nun auch beförderungsbeflissen vor den anderen her, riss die schallschluckende Tür auf und … wurde von der splitternackten Chefsekretärin an der Spitze entfesselter Frauen abgefangen.

Die unbeschreiblich angenehme Lustos-Seuche verbreitete sich in Windes- bzw. Flohsprungeile über die ganze Welt. Zwar versteckten sich vorübergehend vereinzelte unbenutzte Männer in unwegsamen Gegenden vor dem triebhaften Rausch der sie jagenden hemmungslosen Lustosinen. Aber sie kamen mehr oder weniger freiwillig zur Vernunft. Konnte man sich denn ein schöneres Ende für die menschliche Rasse vorstellen? Sich einmal noch in konzentrierter Dauerextase erheben und dabei keinen Hunger, keinen Durst spüren, sondern Herzversagen? Richtiger, dieses eben nicht mehr spüren?

Schade eigentlich nur um die Pulices libidinosi. Die menschenmarktfreundlich Lustos® Genannten starben an Wirtsmangel aus, bevor die Natur sie an die veränderte Umwelt anpassen konnte.

~ von Admin - März 9, 2010.

Eine Antwort to “Pulices libidinosi (2 und Schluss)”

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